Kaum das der Schotte die Treppe wieder halb hinab gestiegen war, sorgte ein Schrei aus dem Stock über ihn dafür das er innehielt. Es war eindeutig ein Mädchenschrei gewesen und bedachte man ihre Lage musste es Liechtenstein sein. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch weiter nach der Quelle des Geräusches zu suchen und zu klären was warum die Blonde die Stille mit schreien füllte, blieb er einen Moment ratlos auf der Unterlippe kauen auf der Stelle stehen.
Erst als er das leise splittern von Glas wahrnahm, stieg er die Stufen wieder hinauf „Elly?“, rief er bedacht laut, damit sie sich nicht erschrecken würde, wenn er so schnell wieder auftauchte. Er war sich nicht ganz sicher, was er glaubte im Krankenzimmer vorzufinden; manchmal, wenn die Blonde sprach, klang sie wie jemand der sich nichts gefallen ließ und dann wieder sagte sie etwas das ihm deutlich zeigte das ihr Bruder nicht der einzige mit einem Komplex sein konnte und dass sie durchaus in ihrer Rolle als kleine naive Schwester aufging. Es war also sehr gut möglich, dass der Schrei daher rührte, dass eine Spinne oder so etwas aufgetaucht, vielleicht sogar deutlich sichtbar an der Wand empor gekrochen war – nichts wirklich Gefährliches also. „Was treibst du hier?“, sein Ton war eine Spur ungeduldig, als er die Tür zum Krankenzimmer wieder öffnete und in die Dunkelheit spähte. „Hat die Taschenlampe ihren Geist aufgegeben oder – hey!“ er hatte sich zu dem Deckenhaufen vorgewagt nur, um festzustellen, dass dieser Leer war: von der Blonden keine Spur.
Vorsichtshalber, kniete sich der Rothaarige auf den Boden und sah unter die Betten, dann warf er sogar einen Blick in den Wandschrank – falls sich Liechtensteins aus irgendeinem Grund dort versteckte.
Da er sie nirgends finden konnte, musste sie das Zimmer verlassen haben und wahrscheinlich war sie den Flur in die andere Richtung gegangen, sonst wären sie einander über den weggelaufen. „Wieso ist sie den weggegangen?“, murmelte Welner als er sich, auf die Suche nach Elly machte und nach wenigen Metern wenigstens herausfand was er hatte zu Bruch gehen hören. Glassplitter knirschten unter seinen Schuhen und als er sich nach ihnen bückte, stießen seine Finger erst gegen einen demolierten Rahmen und gegen die Taschenlampe. Er probierte grade, ob sie noch funktionierte, als der Rothaarige einen zweiten – diesmal unterbrochenen – Hilferuf hörte.
„Elly bist du das?“ wen dies ein Horrorfilm wäre, hätte er sich darüber geärgert, wie auffällig arglos es war, dass man in so einer Situation auch noch durch lautes Rufen auf sich aufmerksam machte – immer ein gutes Zeichen, das eine Figur bald sterben würde. Aber dies war kein Film.
Er folgte dem Flur noch ein Stück, ehe er einen Schatten an der Wand ein Stück von sich wahrnahm und im nächsten Moment dankte er dem Himmel dafür, das er grade jetzt so tobte, denn in dem grellen Licht eines Blitzes konnte er für einen Herzschlag, die Situation weiter vorne erkennen. Oh daingit, schoss es ihm durch den Kopf, als er den Riesen von Kerl sah, der die Blonde bedrängte. Ohne groß darüber nachzudenken – es war offensichtlich das diese Person hier nichts zu suchen hatte – ging er zu den beiden hinüber und legte bestimmt eine Hand auf den Arm des Fremden, mit dem dieser Liechtensteins an die Wand rückte. „Ah, sie müssen der neue Hausmeister sein“, sagte er betont freundlich, wie üblich, wenn er sich dumm stellte, „Wir sind vom Sleepover Clubs – wie gut, dass sie meine Freundin gefunden haben, sie muss sich bei dem Gewitter erschreckt haben. Tut mir leid, wenn wir sie erschreckt haben sollten.“